Pfeil und Bogen haben seither eine besondere Bedeutung für die türkischen Völker. In der
Vergangenheit spielten sie als Sportgerät sowie als Jagd-und Kriegswerkzeug eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Herausragende Bogenschützen genossen ein besonders hohes Ansehen und wurden mit hohen Ämtern belohnt.
Deshalb erlernten schon Kinder früh den Umgang mit dem Reflexbogen.
In historischen Quellen werden die Fähigkeit der türkischen Bogenschützen im Krieg immer wieder herausgehoben. Der wichtigste Grund hierfür liegt in der als sportlicher Wettkampf praktizierten Übung der Fertigkeiten.
Das Verständnis der im Konflikt benötigten Kenntnisse wurde beim Kökbörü, dem Speerwerfen, und dem Bogenschiessen geschult.
Beides sind Sportarten, die auch heute noch praktiziert werden.
Doch das traditionelle Bogenschießen hat in vielerlei Hinsicht eine besondere Aufmerksamkeit als Sportarten auf sich gezogen, die bis in die letzten Perioden des Osmanischen Reiches ein Teil des Alltags in allen türkischen Gemeinden war.
Das Bogenschießen erlebte seine Blüte in der Zeit der Osmanen, sowohl im Hinblick auf die Verbreitung und des sportlichen Anspruches als auch in der Anfertigung der Bögen. Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Bogenschießen als Breitensport betrieben. Zu diesem Zweck wurden 34 große Gelände als „Schießplätze“ eröffnet. Hier wurden Turniere veranstaltet und geübt. Der bekannteste Schießplatz ist jener in
Istanbul, der seitens Fatih Sultan Mehmet nach der Eroberung Istanbuls offiziell dem
Bogensport gewidmet wurde.
Historiker haben den Türken einen besonderen Platz in der Geschichte eingeräumt, als eine Kultur, die das Bogenschießen mit besonderer Hingabe praktiziert und verfeinert hat.
Die Verbundenheit reicht so tief, dass im Epos von Oğuz Kaan die Aufteilung der türkischen Gemeinschaften in Nomadenstämmen durch die Pfeile und Bogen als Symbole ausgedrückt wird.
Außerdem wurden in den Tamga und Bannern der Stämme häufig Pfeil- und Bogenfiguren verwendet. Von Zeit zu Zeit haben sich Pfeile und Bogen auch auf dem Geld niedergeschlagen, eines der Regierungszeichen der Sultane. Pfeil und Bogen hatten aber auch verschiedene symbolische Funktionen, sie galten als Symbol der Herrschaft aber auch als Symbol von Verbindung und Respekt.
Ein Geschenk besonderer Freundschaft waren spezielle Pfeile, die an andere Stämme und Nationen vergeben wurden.
Zusammen mit dem Koran (Sure Al Anfal, Vers 17) fanden Pfeil und Bogen auch einzug in die spirituelle Welt der türkischen Stämme.
Die Osmanen nannten die Sehne, die die zwei Köpfe des Bogens verbindet, „Cile“ (tschile). Das wiederholte Spannen der Sehne wurde als eine sehr mühsame und zweitaufwändige Übung empfunden. Der Begriff „cile“ entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem alltäglichen Wort im heutigen türkischen Sprachgebrauch. Erhält jemand eine schwierige Aufgabe, so wird das als „cile“ (übersetzt: Tortur/ Qual) bezeichnet. Ein weiteres Beispiel, dass zeigt, das Bogenschießen wichtiger Teil der anatolischen Kultur ist.